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Gran Paradiso: Skitour mit Biwak und Whiteout (WS/ II. Fels)

  • Autorenbild: Nico
    Nico
  • 29. Apr.
  • 5 Min. Lesezeit

Aktualisiert: 8. Mai

Der Gran Paradiso (4061m) ist der höchste komplett in Italien liegende Viertausender – und eine echte Perle für ambitionierte Skibergsteiger. Die Tour über den Normalweg ab Pont ist landschaftlich großartig und technisch gut machbar, verlangt jedoch im Frühjahr Erfahrung im Umgang mit eisigen Bedingungen und wechselhaftem Wetter. Ich war im Frühjahr 2025 unterwegs – und erlebte vier intensive Tage, die alles boten: Sonne, Sternenhimmel, Stürze, Ersthilfeeinsätze und am Ende Whiteout mit Sichtweite null. Hier teile ich meinen Tourenbericht mit euch.


Bergsteiger auf dem Gran Paradiso
Ich auf dem Gipfelgrat

Eckdaten zur Gran Paradiso Skitour

  • Gipfelhöhe: 4.061 m

  • Ausgangspunkt: Pont (1.960 m) im Aostatal

  • Hütte: Rifugio Vittorio Emanuele II (2.732 m)

  • Gipfeltag: über Gletscherroute und Grat zur Madonna-Statue

  • Höhenmeter bis zum Gipfel: ca. 2.100 hm

  • Strecke bis zum Gipfel: ca. 10,3 km

  • Schwierigkeit: WS (wenig schwierig)


Tag 1 – Anfahrt ins Aostata

Nach der Arbeit meines Kumpels starteten wir am Nachmittag gegen 15:30 Uhr unsere Reise in Richtung Italien. Über Chamonix und durch den Mont-Blanc-Tunnel erreichten wir schließlich das Aostatal. Angekommen in unserer Ferienwohnung, ließen wir den Abend entspannt ausklingen – mit einer ordentlichen Portion Pizza und Bier beim Italiener um die Ecke. Die Vorfreude auf die bevorstehenden Tage war spürbar.


Route Gran Paradiso
unsere Route auf den Gran Paradiso

Tag 2 – Aufstieg zur Rifugio Vittorio Emanuele II

Der Tag begann harmlos – aber schon kurz nach dem Start um 9:30 Uhr vom Parkplatz in Pont wurde klar: Diese Etappe würde alles andere als gemütlich. Mein Rucksack hat 24 kg gewogen mit der ganzen Ausrüstung und Verpflegung und die morgendliche Sonne hatte noch keine Chance gegen die Kälte der Nacht, der Schnee war fast so stark gefroren wie Beton. Der steile Weg nach oben war spiegelglatt. Noch bevor wir richtig im Rhythmus waren, lag ich schon am Boden – abgeschmiert auf einem steileren Stück, im T-Shirt unterwegs wie im Sommer. Mein rechter Arm war aufgeschürft, die Wunde brannte. Ich war nicht der Einzige, der Bekanntschaft mit dem Boden machte – rings um uns rutschten immer wieder Tourengeher aus, ein Balanceakt bei jedem Schritt.

Dann wurde es ernst.

Vor uns verlor ein Tourengeher bei der Abfahrt auf einem schmalen Weg im absturzgefährdetem Gelände plötzlich die Kontrolle. Er stürzte schwer, seine Skier lösten sich nicht – das Bein verdrehte sich unter seinem Körper. Sofort war klar: Der braucht Hilfe. Wir eilten zu ihm, leisteten Erste Hilfe und redeten beruhigend auf ihn ein. Zum Glück konnte er sich noch irgendwie aufrichten und humpelte langsam talwärts. Seine Kameraden nahmen seinen Rucksack und seine Skier mit und unterstützten ihn beim abstieg. Kaum zehn Minuten später hallte das Knattern eines Hubschraubers durch das Tal. Die Flugrettung kam und holte genau den Mann ab, dem wir eben noch beigestanden hatten.

Als wir schließlich an der Rifugio Vittorio Emanuele II ankamen, waren wir erschöpft und vor allem hungrig, aber auch voller Eindrücke. Draußen war es warm durch die viele Sonne und der Duft nach gekochtem Essen ein Traum. Wir warfen die Rucksäcke in eine Ecke, bestellten Omeletts und schrieben uns für das Abendessen und Frühstück ein. Doch schlafen im stickigen Matratzenlager im Winterraum? Das wollten wir nicht dann doch nicht. Wir hatten sicherheitshalber unser Biwaksack, Isomatte und Winterschlafsack mitgenommen da die Hütte ausgebucht war.

Draußen war der Himmel sternenklar – so klar, dass man das Gefühl hatte, die Milchstraße sei zum Greifen nah. Wir fanden einen schönen ebenen Platz für unser Biwak und krochen in unsere Schlafsäcke, eingehüllt in Minusgraden und Sternenlicht. Es war eisig – minus 13 Grad – aber das war uns egal. Durch die gute Ausrüstung war es sogar wirklich warm im Schlafsack. Dieser Moment, diese Stille, dieser Himmel… das war einfach unvergesslich. Um 21 Uhr schlossen wir die Augen – nicht nur zum Schlafen, sondern auch, um diesen Tag sacken zu lassen.

Der Gran Paradiso wartete auf uns.


Sternenhimmel beim Biwak
Der Sternenhimmel von meinem Biwaksack betrachtet

Tag 3 – Gipfeltag Gran Paradiso

Bereits um halb sechs Uhr morgens standen wir auf, räumten unser Biwak auf und packten unser Material zusammen. Nach einem schnellen Frühstück um 6 Uhr starteten wir gegen 6:45 Uhr in Richtung Gipfel. Das Wetter zeigte sich von seiner besten Seite: kalt, aber klar, mit einer fantastischen Sicht.

Es war viel los – schätzungsweise 200 Leute hatten das gleiche Ziel wie wir. Also ließen wir es gemütlich angehen, legten viele Pausen ein und genossen die Weite der weißen Gletscherlandschaft. Gegen 11:40 Uhr erreichten wir das Skidepot, wo wir erneut pausierten, das Panorama auf uns wirken ließen und darauf warteten, dass sich das Gedränge am Grat etwas lichtete.

Schließlich zogen wir die Steigeisen an die Skischuhe, nahmen den Eispickel zur Hand und machten uns an den kurzen Grataufstieg zur Madonna-Statue auf dem Gipfel. Nach kurzer Wartezeit an der Sicherungsstelle standen wir um Punkt 13 Uhr oben. Bei perfektem Wetter und einer Aussicht, die ihresgleichen sucht: Matterhorn, Mont Blanc, Dent Blanche und viele weitere Giganten der Alpen präsentierten sich im Sonnenlicht. Weil wir später dran ware die Schlange vor der kurzen kletterstelle nicht mehr so lange. Dafür konnten wir den Gipfel fast für uns genießen und blieben ein bisschen länger oben, bevor wir wieder abstiegen. Auf dem Grat hatten wir immer unser Seil dabei und hielten einen Abstand von 20 Metern, um schnell, aber trotzdem gut abgesichert voranzukommen. Deshalb ist es entscheidend, zu wissen, wie man sich am Grat sichert. Sowohl, um nicht unnötig viel Zeit zu verlieren, als auch um das Risiko eines gefährlichen Absturzes zu minimieren. Nach dem kurzen, aber konzentrierten Abstieg vom Grat schnallten wir unsere Skier an und freuten uns auf die lange Abfahrt: Rund 1.300 Höhenmeter feinster Firn und sulziger Schnee lagen vor uns. Um 14:40 Uhr erreichten wir wieder die Rifugio Vittorio Emanuele II. Dort checkten wir für die Nacht ein, gönnten uns eine ordentliche Mahlzeit – Omelett, Pasta und ein Bier – und fielen danach erschöpft, aber glücklich in einen kurzen Mittagsschlaf bis es wieder Abendessen gab. Am Abend packten wir unsere Ausrüstung und bereiteten alles für den Abstieg vor.


Gran Paradiso Gipfel
Gran Paradiso Gipfel

Tag 4 – Abfahrt im Whiteout

Schon am Abend zuvor hatte sich das Wetter verschlechtert. Dichte Wolken hingen tief über dem Tal und am nächsten Morgen fanden wir uns in absolutem Whiteout wieder – keine Sicht auf Himmel oder Boden, alles verschwamm in einem endlosen Weiß.

Zum Glück trafen wir auf eine Gruppe von etwa 20 Parkrangern des Gran-Paradiso-Nationalparks, die ebenfalls den Abstieg antraten. Wir schlossen uns ihnen an – eine kluge Entscheidung, denn ohne ihre Ortskenntnis hätten wir uns im Nebel wohl erheblich schwerer getan. Gemeinsam kamen wir gut voran und erreichten nach etwa eineinhalb Stunden sicher den Parkplatz in Pont.

Der letzte Abschnitt durch den Wald war besonders herausfordernd: Der Schnee war mittlerweile schwer und nass, Steine und Äste ragten heraus. Deshalb schnallten wir die Skier an unseren Rucksack und stapften durch den sulzigen Schnee Richtung Tal. Auch der Abstieg brachte mehrere zum stürzen. Dieses mal war ich jedoch nicht betroffen. Zum Beispiel wurde einem anderen Tourengeher ein schmaler Weg zum Verhängnis und dieser stürzte eine ca. eine 1,5 Meter hohe Kante hinunter. Glücklicherweise blieb auch dieser Zwischenfall ohne ernsthafte Folgen.

Unten am Parkplatz angekommen, gönnten wir uns eine kleine Stärkung, bevor wir die lange Heimfahrt antraten – erfüllt von den Eindrücken einer großartigen, aufregenden Skitour am Gran Paradiso.


Whiteout in den Bergen
Whiteout in den Bergen

Fazit: Anspruchsvolle Frühjahrstour mit allem, was dazugehört

Der Gran Paradiso im Frühjahr ist keine reine Genusstour. Harte Schneeverhältnisse, Gletscher, große Höhen und wechselhaftes Wetter fordern Erfahrung, gute Ausrüstung und Flexibilität. Wer all das mitbringt, wird belohnt: mit einer hochalpinen Szenerie, einem grandiosen Gipfelmoment und einer Abfahrt, die in Erinnerung bleibt.


Zusätzliche Tipps


Ausrüstung:

  • Tourenski mit Fellen und Harscheisen

  • Steigeisen, Pickel, Gurt, Seil, mind. 2x Expressen, Gletscherausrüstung etc.

  • LVS-Gerät, Sonde, Schaufel

  • Warme Kleidung (Primaloft und Hardshell Jacke, mehrere Handschuhe)

  • Verpflegung (mind. 3 Liter Wasser, Snacks wie Riegel, Nüsse, Datteln)

  • Biwaksack

  • Erste-Hilfe-Ausrüstung


Sicherheit:

  • Früh starten – der Gletscher wird im Tagesverlauf weicher

  • Spaltengefahr beachten

  • Wetter und Lawinenlage täglich checken

  • Tourenplanung ernst nehmen


Hast du selbst schon eine Tour auf den Gran Paradiso gemacht oder planst du eine? Schreib’s in die Kommentare!


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