Gran Paradiso (4061m) – Höchster Gipfel der Grajischen Alpen
- Nico
- 8. Mai
- 5 Min. Lesezeit
Der Gran Paradiso erhebt sich als mächtiger Gipfel über die Grajischen Alpen und beeindruckt mit seiner Höhe von 4.061 Metern. Als der höchste Berg, der vollständig auf italienischem Staatsgebiet liegt, ist er nicht nur ein begehrtes Ziel für Bergsteiger, sondern auch ein Symbol für die Schönheit und Unberührtheit des Gran-Paradiso-Nationalparks. Dieses geschützte Gebiet, das bereits 1922 als erster Nationalpark Italiens gegründet wurde, beherbergt eine einzigartige alpine Flora und Fauna. Steinböcke, Gämsen und Murmeltiere gehören hier zu den häufigsten tierischen Begleitern auf dem Weg zum Gipfel.
Dank seiner vergletscherten Flanken und seiner relativ moderaten technischen Herausforderungen ist der Gran Paradiso einer der zugänglichsten Viertausender der Alpen. Der Berg besitzt eine breite, vergletscherte Flanke mit einem steileren Gipfelaufschwung, bei dem leichte Kletterei gefragt ist. Der Gipfel selbst ist ein schmaler Felsblock mit einer Madonna-Statue – ein beliebtes Fotomotiv, das aber nur mit Schwindelfreiheit und Sicherung erreichbar ist.
Von oben bietet sich ein grandioses Panorama auf Mont Blanc, Matterhorn, Monte Rosa, Barre des Écrins und viele weitere Viertausender der Westalpen. Er eignet sich hervorragend für Bergsteiger, die ihre ersten Erfahrungen in großer Höhe sammeln möchten. Gleichzeitig bietet er mit seiner imposanten Nordwand sowie der Möglichkeit einer Winterbesteigung als Skitour auch anspruchsvollere Herausforderungen für erfahrene Alpinisten.

Die Erstbesteigung des Gran Paradiso
Die Geschichte der Besteigung des Gran Paradiso reicht bis ins 19. Jahrhundert zurück. Am 4. September 1860 gelang es den britischen Bergsteigern John Jeremy Cowell und W. Dundas gemeinsam mit den einheimischen Bergführern Michel-Clément und Jean Tairraz, den Gipfel erstmals zu erreichen.
In den folgenden Jahrzehnten entwickelte sich der Gran Paradiso zu einem der meistbegangenen Viertausender der Alpen. Seine vergleichsweise einfache Erreichbarkeit sowie die Möglichkeit, den Gipfel ohne große technische Schwierigkeiten zu erklimmen, machten ihn insbesondere bei Bergsteigern beliebt, die sich auf anspruchsvollere Touren wie das Matterhorn oder den Mont Blanc vorbereiten wollten. Doch trotz seiner moderaten Schwierigkeit sollte der Berg keinesfalls unterschätzt werden. Besonders bei widrigen Wetterverhältnissen oder vereisten Passagen kann sich der Aufstieg als durchaus fordernd erweisen.
Zustieg zu den Berghütten
Die Besteigung des Gran Paradiso erfolgt in der Regel über eine der beiden wichtigsten Berghütten der Region: die Rifugio Vittorio Emanuele II und die Rifugio Chabod. Beide Hütten dienen als Stützpunkte für die verschiedenen Routen auf den Gipfel.
Zustieg zur Rifugio Vittorio Emanuele II (2.775 m)
Der Zustieg zur Rifugio Vittorio Emanuele II beginnt im kleinen Ort Pont (1.960 m) im Valsavarenche, dem letzten Dorf im gleichnamigen Tal. Pont ist mit dem Auto erreichbar, bietet aber nur begrenzte Parkmöglichkeiten.
Vom Parkplatz in Pont folgt der Weg zunächst einem breiten Pfad, der durch lichten Lärchenwald führt. Der Aufstieg verläuft gleichmäßig und gewinnt rasch an Höhe. Nach etwa einer Stunde weitet sich das Gelände, und der Blick öffnet sich auf die umliegenden Gipfel. Nun folgt der Weg über eine von Geröll und alpinen Wiesen geprägte Landschaft, bis schließlich die markante Berghütte Vittorio Emanuele II sichtbar wird. Die Hütte wurde 1884 erbaut und später modernisiert. Sie bietet eine einfache, aber gemütliche Unterkunft für Bergsteiger, die sich auf den Aufstieg zum Gran Paradiso vorbereiten.
Zustieg zur Rifugio Chabod (2.750 m)
Eine alternative Route führt zur Rifugio Chabod, die ebenfalls von Pont im Valsavarenche aus erreicht wird. Der Aufstieg beginnt auf einem gut markierten Pfad, der in Serpentinen durch einen Lärchenwald ansteigt. Nach etwa einer Stunde lichtet sich der Wald, und der Weg führt über alpine Wiesen mit einem beeindruckenden Blick auf die Gletscherlandschaft. Während des Aufstiegs zur Hütte sind oft Steinböcke und Murmeltiere zu beobachten. Nach etwa zwei bis drei Stunden Gehzeit erreicht man die Rifugio Chabod, die im Vergleich zur Rifugio Vittorio Emanuele II etwas ruhiger ist und eine schöne Aussicht auf die Nordwand des Gran Paradiso bietet.

1. Normalroute – Der klassische Anstieg
Beschreibung der Route
Die Normalroute auf den Gran Paradiso gilt als die einfachste und am häufigsten begangene Route. Sie führt über den Gran-Paradiso-Gletscher.
Von der Rifugio Vittorio Emanuele II zum Gletscher
Nach einer frühen Weckzeit beginnt der Aufstieg in der Dunkelheit. Mit Stirnlampen ausgestattet, folgen die Bergsteiger dem Pfad, der zunächst über felsiges Moränengelände führt. Nach etwa einer Stunde Gehzeit erreicht man den Beginn des Gletschers. Hier legen die Seilschaften ihre Gletscherausrüstung an, bevor es weiter über den Gran-Paradiso-Gletscher geht.
Aufstieg zum Gipfel
Der weitere Weg führt in gemäßigter Steigung über das weite Gletscherfeld. Trotz der relativ geringen technischen Schwierigkeiten ist Vorsicht geboten, da Spalten auf dem Gletscher vorhanden sind. Mit zunehmender Höhe wird die Luft dünner, und das Gehtempo verlangsamt sich. Schließlich erreicht man den felsigen Gipfelgrat.
Die letzten Meter zum Gipfel erfordern eine kurze Kletterpassage im zweiten Schwierigkeitsgrad. Eine Kette erleichtert hier den Aufstieg. Oben angekommen, erwartet die Bergsteiger die ikonische Madonna-Statue, die majestätisch über die umliegenden Gipfel blickt. Die Aussicht reicht bei klarem Wetter bis zum Mont Blanc, Matterhorn und Monte Rosa.

Gipfelaufschwung – Schlüsselstelle
Die letzten 10–15 Meter zum eigentlichen Gipfel (Madonna-Statue) erfordern absolute Konzentration:
Klettern in leichter Schwierigkeit (I–II)
Schmaler Grat mit Absturzgefahr auf beiden Seiten
Seilsicherung oder Fixpunkte dringend empfohlen
Bei Vereisung oder Wind sehr ausgesetzt und heikel
Technische Anforderungen & Ausrüstung
Kondition: Sehr gute Grundkondition für 1.300 Höhenmeter
Technik: Sicheres Gehen mit Steigeisen, Gletschererfahrung, Spaltenrettung
Dauer: ca. 4–6 Stunden Aufstieg, 2–3 Stunden Abstieg
Ausrüstung:
Steigeisen, Pickel, Helm
Klettergurt, Seil, Sicherungsmaterial, 3-4 Expressen
LVS-Gerät, Sonde, Schaufel (bei Skitour)
Biwaksack, Erste-Hilfe-Set, warme Kleidung
Gletscherausrüstung inkl. Eisschrauben
2. Nordwandroute – Anspruchsvolle Alternative
Charakter der Route
Die Nordwand des Gran Paradiso ist eine technisch anspruchsvolle Route, die eine exzellente Steigeisentechnik und Erfahrung im Eisklettern erfordert. Sie wird nur bei optimalen Bedingungen empfohlen.
Ausgangspunkt: Rifugio Chabod (2.750 m)
Schwierigkeit: ZS (ziemlich schwierig)
Steilheit: 50–55° im Eis
Höhenunterschied: ca. 1.000 m
Dauer: ca. 6–7 Stunden Aufstieg, 3 Stunden Abstieg
Wegverlauf
Von der Rifugio Chabod führt der Weg zunächst über Geröllfelder, bevor er den Gran-Paradiso-Gletscher erreicht. Der Einstieg in die steile Nordwand erfolgt auf etwa 3.500 m Höhe.
Die Wand ist bis zu 55° steil, und der Aufstieg erfordert zwei Eisgeräte, Eisschrauben und eine solide Seilsicherung. Nach etwa 500 Höhenmetern trifft die Route auf den Gipfelgrat, von wo aus es in leichter Kletterei zum höchsten Punkt geht.
Gefahren
Spaltengefahr auf dem Gletscher
Steinschlagrisiko bei starker Sonneneinstrahlung
Lawinengefahr, besonders im Frühjahr
3. Winterbesteigung in den Alpen – Skitour auf den Gran Paradiso
Beschreibung der Skitour
Während der Sommeraufstieg bereits ein beeindruckendes Erlebnis ist, bietet die Winterbesteigung als Skitour eine ganz besondere Herausforderung. Die Tour führt durch verschneite Gletscherlandschaften, vorbei an spektakulären Eisformationen und bietet eine grandiose Abfahrt über unberührten Pulverschnee.
Die klassische Skitour startet in Pont (1.960 m) und führt über die geschlossene Rifugio Vittorio Emanuele II. Der Zustieg erfolgt mit Tourenski und dauert etwa drei bis vier Stunden. Die Hütte ist im Winter unbewirtschaftet, bietet aber einen Winterraum für Übernachtungen.
Der Aufstieg zum Gipfel folgt weitgehend der Sommerroute, jedoch sind die Bedingungen im Winter anspruchsvoller. Die letzten Meter am Gipfelgrat müssen mit Steigeisen bewältigt werden. Die anschließende Abfahrt über die weiten Gletscherhänge ist ein unvergessliches Erlebnis für Skitourengeher.
Besonderheiten und Gefahren der Skitour
Lawinengefahr: Erfordert eine sorgfältige Einschätzung der Bedingungen
Spaltengefahr: Anseilen auf dem Gletscher empfohlen
Konditionelle Anforderungen: Sehr gute Ausdauer erforderlich
Gefahren & Herausforderungen
Spaltengefahr auf beiden Hauptgletschern
Wetterumschwünge (Sturm, Gewitter, Whiteout)
Gipfelgrat extrem ausgesetzt – bei Vereisung kritisch
Höhe: Risiko der Höhenkrankheit – Akklimatisierung empfohlen
Nachhaltigkeit & Umweltschutz
Der Gran Paradiso liegt in einem der ältesten Nationalparks Europas. Entsprechend wichtig ist ein achtsamer Umgang mit Natur und Umwelt:
Auf markierten Wegen bleiben
Keine Abfälle hinterlassen
Wildtiere nicht stören
Fahrgemeinschaften oder ÖV nutzen (z. B. ab Aosta/Châtillon)
Beste Reisezeit
Skitour: März – Mitte Mai
Hochtour (Sommer): Mitte Juni – September
Wochentage bevorzugen, da der Berg am Wochenende stark frequentiert ist
Fazit
Der Gran Paradiso ist ein idealer Viertausender für Einsteiger in den Alpen, die eine echte Hochgebirgserfahrung suchen – sei es im Sommer zu Fuß oder im Frühjahr mit Ski. Dank der beiden gut ausgebauten Hütten, den landschaftlichen Reizen und dem vergletscherten Charakter zählt dieser Gipfel zu den schönsten Tourenzielen der Westalpen. Wer jedoch den Gipfelgrat unterschätzt oder auf Sicherung verzichtet, riskiert ernsthafte Absturzgefahr. Gute Planung, passende Ausrüstung und Respekt vor der Höhe sind essenziell für ein sicheres und genussvolles Bergerlebnis.
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